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Ein bisschen Systematik

...muss einfach sein, um das was man sieht richtig einordnen zu können. So braucht man sich z. B. bei sehr ursprünglichen Ameisen nicht zu wundern, wenn man in der Kolonie auf Anhieb keine Königin findet. Diese haben nämlich meist sogenannte ergatoide Königinnen, die den Arbeiterinnen sehr ähnlich sehen. Dazu muss man aber in Lage sein eine dem Betrachter eventuell unbekannte Art auch als ursprünglich einstufen zu können. Im Überblick wurde bereits erwähnt, dass Ameisen zur Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) gehören. Neben den Ameisen sind auch die Wespen, Bienen und Hummeln Mitglieder dieser Ordnung.

Hymenopteren tragen gewöhnlich am Meso- und Metathorax je ein paar Flügel, deren meist transparentes Aussehen der ganzen Ordnung ihren Namen gaben (Hautflügler). Bei den Ameisen tragen nur noch die Geschlechtstiere diese Flügel, wobei sich Königinnen unmittelbar nach der Befruchtung der Flügel entledigen. In aller Regel kann man auf diese Weise befruchtete Königinnen von unbefruchteten unterscheiden und so manchen erfolglosen Versuch zur Gründung einer Kolonie zu Hause im artifiziellen Nest vermeiden. Grabwespe, Hymenoptera
Ammophila sp. (Sandwespe); Gehören zu den Grabwespen (Hymenoptera, Apocrita, Sphecoidea). Die Sandwespe hier im Bild hat eben eine Spannerraupe erbeutet und trägt sie zum Nest. Die Beute ist nicht tot sondern nur durch einen Stich paralysiert. Im Nest (Sandloch) wird an die Raupe ein Ei gelegt und von der schlüpfenden Larve anschließend aufgefressen

 
 

Wie bereits erähnt, stellen die Hymenopteren eine von über 30 Ordnungen der Insekten dar. Mit einigen dieser Ordnungen sind sie näher verwandt und mit einigen weniger. Es hat viele Versuche gegeben, die Insekten auch in größere Taxa als die Ordnungen zusammenzufassen. Ich halte es für sinnvoll, einige dieser Versuche vorzustellen, wobei eine Unterscheidung in richtig oder falsch unterbleiben soll, da alle Versuche mehr oder weniger richtig sind. Solide und fundierte Verwandtschaftsanalysen lassen sich ohnehin nur im Zusammenhang mit genetischen Analysen durchführen.

Für solche Analysen wählt man chromosomale DNA Abschnitte der zu vergleichenden Lebewesen aus, deren Nukleotidabfolge (Sequenz) einer möglichst geringen Selektion unterworfen ist. Damit geht man sicher, dass einzelne Veränderungen dieser DNA-Bausteine sich nicht negativ für das Lebewesen bemerkbar machen und daher an die folgenden Generationen weitergegeben werden können. Im Laufe der Zeit häufen sich solche Veränderungen in dem definierten DNA Abschnitt an. Der Grad der Abweichung korreliert daher mit der Zeit, die vergangen ist, seit dem die zu vergleichenden Lebewesen keine Fortpflanzungsgemeinschaft mehr bilden, eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Bildung einer neuen Art. Man bezeichnet die als Zeitpunkt des letzten gemeinsamen Vorläufers. Die starre Trennung der Insekten in die verschiedenen Ordnungen beruht sicherlich auch im Wesentlichen auf verwandtschaftlichen Beziehungen. Sie ist aber auch ein einheitliches System, das es den Interessierenden erleichtert sich zurechtzufinden. Die Klassifikation auf genetischer Ebene ist jedoch auf dem Vormarsch und hat schon in der Vergangenheit für zahlreiche Veränderungen gesorgt. Nun aber zu den „klassischen“ Versuchen, Insekten systematisch zu gruppieren.

Unterscheidung in Entognatha und Ektognatha

Bei den Entognatha (=Innenkiefer-Träger) sind die Mundwerkzeuge der 3. und 4. Kopfsegmente (Mandibeln und Maxillen) in Integumenttaschen des Kopfinneren verlagert. Als weitere Kennzeichen besitzen sie außerdem noch die ursprünglichen Gliederantennen. Zu den Entognatha gehören die Collembola (Springschwänze, den meisten wohl wenigstens aus Blumentöpfen bekannt), die weit verbreitet und überaus häufig sind und deren namensgebende Sprungfähigkeit durch eine Sprunggabel (Furca) und eine Spann- und Einhängvorrichtung (Retinaculum) ermöglicht wird. Daneben sind auch die Diplura (Doppelschwänze) und die seltenen Protura (Beintastler) Mitglieder dieser ursprünglichen Insekten. Bei den Ektognatha liegen Mandibeln und Maxillen nicht einer vergleichbaren Integumenttasche und sie besitzen auch (mit Ausnahme der Felsenspringer) ein zweites Mandibelgelenk, das jedoch bei Insekten mit z. B. stechend-saugenden Mundwerkzeugen sekundär völlig abgewandelt ist. Darüber hinaus zeichnen sich die Ektognatha durch den Besitz von Geißelantennen aus, bei denen sich die Antenne in 3 Teilabschnitte (Scapus, Pedicellus und die eigentliche Fühlergeisel) einteilen läßt. Zu den Ektognatha gehören alle restlichen Insektenordnungen.

Unterscheidung in Apterygota und Pterygota

Wie auch hier der Name bereits vorwegnimmt, handelt es sich um eine Eingruppierung der Insekten in einen primär flügellosen Teil (Apterygota) und in einen primär flügeltragenden Teil (Pterygota). Bei den Pterygota sind die Flügel jedoch bei zahlreichen Arten sekundär wieder verloren gegangen. Zu den Apterygota zählen die Entognatha, sowie die Archaeognatha (Felsenspringer) und die Zygentoma (z.B. Silberfischchen).

Unterscheidung in Hemimetabola und Holometamola

Diese Einteilung zielt auf die unterschiedliche Art der Entwicklung zur Imago ab. Während den hemimetabolen Insekten ein Puppenstadium fehlt, ist dies bei den holometabolen obligatorisch. Damit geht in der Regel auch einher, dass sich die Larven von der Imago bei den Hemimetabola kaum und bei den Holometabola deutlich äußerlich unterscheiden (z.B. Made/Fliege = Holometabola; junge Heuschrecke/ausgewachsene Heuschrecke = Hemimetabola).


 

Es gibt noch wenige weitere Aufteilungen, jedoch sind die genannten die Wichtigsten. Die Hymenoptera gehören in allen drei Autteilungen zu der höher entwickelten Form. Sie sind also Ektognath, Pterygot und Holometabol


 
 
Pflanzenwespe, Hymenoptera
Pflanzenwespe Cephus sp.: Typisches Beispiel für eine Hypenoptere der Unterordnung Symphyta. Sie besitzen keine Wespentaille, einen kurzen Ovipositor und legen ihre Eier an oder in Pflanzen ab. Die Larven sind phytophag.
Die Ordnung Hymenoptera wird in 2 Unterordnungen aufgeteilt, die Symphyta (Pflanzenwespen) und die Apocrita (Taillenwespen), zu denen die eigentlichen (echten) Wespen (Vespoidea) und die Ameisen (Formicidae) gehören.

 
 
Pflanzenwespe, Hymenoptera
Formica polyctena (Hymenoptera, Apocrita, Formicidae): Bei den unfruchtbaren Arbeiterinnen wird im Kampf der Ausgang der Giftdrüse am Hinterleibsende (Pfeil) an den Gegner herangeführt. Dies wird durch die bewegliche Taille (Pfeil) ermöglicht.
Mit Ausnahme der Termiten (Isoptera) und weniger anderer Arten gehören alle staatenbildenden Insekten zu den Apocrita. Die gemeinsame Eingruppierung von Ameisen und Wespen in eine gemeinsame Unterordnung trägt der engen Verwandtschaft dieser Insekten Rechnung. Die Apocrita zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Hinterleib (Abdomen) vom Bruststück (Thorax) durch eine deutliche Einschnürung zwischen den 1. und dem 2. Abdominalsegment abgegrenzt ist (Wespentaille). Der Grund dieser Einschnürung liegt in der Verwendung des Ovipositors (Legebohrer, Legestachel) zur Ablage der Eier in oder an Wirtsorganismen, bzw. als Giftstachel in Verbindung mit Giftdrüsen. Für diese Aufgaben ist eine enorme Wendigkeit und Zielsicherheit bei der Führung des Ovipositors notwendig.


 
 
Wie die Wespen (und auch Bienen und Hummeln) besitzen auch die Ameisen ursprünglich einen Stechapparat (Ponerinae, Myrmicinae), der jedoch bei den höher entwickelten Arten zurückgebildet (Dolichoderinae) oder bis auf Rudimente völlig verschwunden ist (Formicinae). Die Arten ohne Stachel sind jedoch meist nicht weniger wehrlos als jene mit Stachel, da sie den Inhalt der noch vorhandenen Giftblase oft sehr wirksam dem Feind oder der Beute entgegenspritzen können. So kann z.B. Formica polyctena die konzentrierte Ameisensäure (ca. 50 %ig, plus weitere Bestandteile) etwa 30 cm weit spritzen und dabei erstaunlich gut zielen. Zusätzlich zur Giftdrüse verfügen die Dolichoderinae (Drüsenameisen) über die sogenannte Analdrüse, deren Sekrete ebenfalls der Feindabwehr dienen. Feldwespe
Polistes gallicus (Feldwespe, Hymenoptera, Apocrita, Vespidea, Polistinae): Die Feldwespe ist in unseren Breiten eher selten im Vergleich zur Gemeinen Wespe (Vespa vulgaris) oder zur Deutschen Wespe (Vespa germanica). Sie baut frei an niederen Pflanzen aufgehängte Waben ohne Hülle.

 
 
Feldwespe
Bombus sp. (Hummel, Hymenoptera, Apocrita, Apidae): Hummeln gehören zu den Bienen und sind wie diese mit einem Stachel bewehrt, auch wenn manche Leute gegenteiliges behaupten. Die Volkstärke ihrer Staaten ist eher klein (wenige Dutzend).
Feldwespe
Halictus sp.(Schmalbiene, Hymenoptera, Apocrita, Apoidea, Halictidae): Sind in der Regel solitäre Bodenbrüter. Einige Arten zeigen jedoch primitive soziale Ansätze.


Feldwespe
Diese nicht näher bestimmte Wespe sammelt gerade abgestorbenes Pflanzenmaterial, welches zerkaut mit Speichel die Bausubstanz ihrer Papiernester darstellt.



 
 

Die Entstehung der Ameisen, dass heißt die stammesgeschichtliche Aufspaltung der Wespen in die Ameisen und die heutigen Wespenformen erfolge bereits vor über 130 Millionen Jahren. Zum Vergleich: Der gemeinsame Vorläufer der Menschenaffen und des Menschen hat vor etwa 15 Millionen Jahren gelebt. Bis heute haben die Ameisen eine gewaltige Artenvielfalt hervorgebracht. Die ca. 10.000 bekannten Arten der Formicidae gehöhren ca. 180 Gattungen an, die sich ihrerseits in 13 Unterfamilien aufteilen, von denen allerdings 2 nur noch fossile Mitglieder beherbergen. Somit stellt sich die Systematik der Ameisen zum heutigen Zeitpunkt wie folgt dar:
 


Systematik


 

 
 
August 2001   e-mail: formica@formica.de